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Illegaler Bewohner

Es muss nicht immer „mieten“ sein:

Sich eine „Wohnung nehmen (!)“ geht auch ganz anders!

Gibt es eine Garage oder einen Geräteschuppen auf ihrem Privatgrundstück? Was würden Sie sagen, wenn Sie eines schönen Tages entdecken, dass sich dort jemand häuslich eingerichtet hat?  Einfach so! Das ist undenkbar, meinen Sie? So etwas erinnert Sie an die „Hausbesetzungen“, die in den Siebzigern des vergangenen Jahrhunderts in etlichen deutschen Städten für Aufsehen sorgten? Lange her, meinen Sie, so etwas ist heute nicht mehr möglich.

Da irren Sie sich. Es gibt auch heute noch echte Oasen der Freiheit. Weiße Flecken auf der Landkarte des geregelten Miteinanders, das einen modernen, demokratischen Rechtsstaat wie unser Land auszeichnet.

Dettelbachs „Neubürger“

Unser Beispiel ist hier in Dettelbach-Bahnhof, direkt vor unserer Haustür, zu besichtigen. Viele Jahre rottete hier eine alte Werkstatt der Bahn vor sich hin, die viel Gerümpel und einen alten Generator beherbergte. Dann aber, im Frühherbst 2008, kam plötzlich Leben in die zerfallene Hütte. Das armselige „Domizil“ hatte einen neuen Bewohner gefunden. Ein fremder Mann mittleren Alters hatte hier im wahrsten Sinne des Wortes seine „Wohnung genommen“. Ein wirklich armseliges Zuhause, ohne Wasser, ohne Strom und ohne sanitäre Einrichtungen.

„My home is my castle“

Schon bald aber begann ein emsiges Treiben rund um die Hütte. Tag für Tag, Woche für Woche hörte man nun Hämmern und Sägen, das „Anwesen“ wurde gründlich renoviert. Erstaunlich, was sich bis zum Sommer 2009 alles veränderte rund um das Anwesen. Dach und Bodenplatte wurden ausgebessert, wenig später waren die Fenster gründlich gesäubert und ließen wieder den Blick in das Innere des alten Schuppens zu.  Eine richtige Tür verschloss nun den Eingang und ein Zaun begrenzte das kleine Grundstück, das durch verschiedene Anpflanzungen eine fast schon anheimelnde Anmutung zeigte. Eine Campingtoilette half, die wichtigsten sanitären Anforderungen zu erfüllen.

Auch im Inneren der Hütte schienen die Tage ohne Licht, ohne Heizung und ohne Fernseher vorbei zu sein. Denn ein Benzingenerator arbeitete neben  der Behausung und eine Satellitenschüssel signalisierte den Passanten, dass der Bewohner nun auch Kunde der GEZ geworden war. Auch die servicefreundliche Post ließ sich nicht lumpen, und lieferte Briefe und Pakete für unseren „Einsiedler“ ordnungsgemäß an der selbstbestimmten Hausnummer ab.

Das Recht bricht sich Bahn(!), oder…

Im Oktober 2009 schließlich – schon über ein Jahr lebte der schlaue Bewohner inzwischen im Gartenhaus der Bahn – sah es so aus, als würden sich „Recht und Ordnung“ doch noch Bahn (?) brechen. Selbige wollte nun wohl aufräumen und die Annexion beenden. Unser Dettelbacher Neubürger wurde ultimativ aufgefordert, seine Unterkunft zu räumen und sich bis Ende des Monats  vom Privatgelände der Deutschen Bahn AG zu entfernen. Na also, werden Sie sagen, es geht doch. Das Recht setzt sich durch. Weit gefehlt: Der „Hausbesetzer“ ignorierte die Anordnung. Es geschah gar nichts.

Anfang März des Jahres 2010 hatte die Bahn das Thema endgültig satt und erließ – sehr energisch – eine letzte Aufforderung. Wie schon ein halbes Jahr zuvor wurde die unerlaubte Nutzung der Gartenlaube gerügt und die unverzügliche Räumung angeordnet. Und um der ganzen Angelegenheit mehr Nachdruck zu verleihen, verlangte die Bahn AG nun zudem den Rückbau der Behausung bis Ende März. Sie drohte, andernfalls werde der Rückbau durch den Eigentümer vorgenommen und dem „Bewohner“ anschließend in Rechnung gestellt.

Bravo, denken Sie, endlich kommt Konsequenz in die Angelegenheit. Wieder weit gefehlt. Auch diese „letzte Aufforderung“ wurde nicht befolgt.

Im Gegenteil: Der Mann hat noch fleißig weiter „gebaut“…

Jetzt, wenn die Tage kürzer werden und die Nächte kälter, wird es unserem Freund in seiner Hütte wohl zu ungemütlich. Er macht es wie die Zugvögel, die Habe wird gepackt und ab geht es in wärmere Gefilde. Im Frühjahr, ungefähr um die Zeit, wenn unsere italienischen Nachbarn nach Deutschland zurückkehren und ihre Eisdielen wieder öffnen, wird sicher auch unser „Bahn-Untermieter“ wieder da sein. Mal sehen, ob auch seine Hütte dann noch da ist….